grenzenlos: EUROPA!
Osterausstellung der wArtehalle Welchenhausen
vom 26. März bis 2. Juli 2016
Tägliche Nachrichten: Flüchtlingsdrama in Südosteuropa – Krisengipfel in Brüssel – Wiedereinführung von Grenzkontrollen – Errichten von Grenzzäunen – Diskussionen um den Austritt einzelner Länder aus der Europäischen Union – Volksabstimmung darüber in Großbritannien … Längst überkommen geglaubtes Nationalstaatsgebaren kommt wieder auf. Die neue nationalkonservative Regierung Polens greift massiv in die Berichterstattung der Medien und deren personelle Besetzung ein – Das polnische Kultusministerium versucht die Aufführung des unbequemen Dramas „Der Tod und das Mädchen“ von Elfriede Jelinek in Wrocław wegen angeblicher Pornographie und Verletzung religiöser Gefühle zu verhindern – Nachdem dies nach heftigen Protesten nicht gelingt, erfolgt die Ankündigung, die Vergabe öffentlicher Mittel für Kulturinstitutionen künftig vom Inhalt ihrer Präsentationen abhängig zu machen – Terroranschlag auf das französische Satiremagazin „Charlie Hébdo“ – In Berlin wird Mozarts Oper Idomeneo aus Angst vor islamistischen Protesten abgesetzt – Eine den Toten von Paris gewidmete Karikaturenausstellung im belgischen Hergé-Museum wird aus „Sicherheitsgründen“ abgesagt – gleiches geschieht in Hanau – In Köln wird die Ausstellung „Breaking the silence“ nicht gezeigt, da sie „antisemitische Reaktionen auslösen [könne], die wir nicht mehr kontrollieren können“ – … Während in einigen Ländern neuerdings staatlicherseits wieder massiv Druck auf Presse und Kulturinstitutionen ausgeübt wird, um unliebsame Berichterstattungen oder Kunst- und Kulturpräsentationen zu verhindern, erleben Künstler und Kulturschaffende in anderen Ländern eine neue Form von Selbstzensur im Sinne einer immer fragwürdigeren „political correctness“ oder aus der schlichten Sorge heraus, mit ihrer Arbeit wütenden Protest und Gewalt zu provozieren – die offene und freie europäische Gemeinschaft scheint zu wanken. Von Anfang an hatte sich die wArtehalle Welchenhausen, ihrer Lage unmittelbar am Dreiländereck geschuldet, der Kulturarbeit über die Grenzen hinweg verschrieben – Kunst und Kultur als Vehikel der Annäherung, des Abbaus auch mentaler Schranken und Grenzen. Nun scheint es an der Zeit, Position zu beziehen: nicht nur für ein geographisch-politisch freies und geeintes Europa, sondern auch für ein Europa der freien Kunst und Kultur, kurz: „grenzenlos: EUROPA!“. Elf Künstler aus Belgien, Polen, der Ukraine und Deutschland setzen sich mit aktuellen Entwicklungen in Europa auseinander. Beunruhigt durch die Ereignisse der vergangenen Monate und die kulturpolitischen Entwicklungen zumindest in Teilen Europas, machen sie diese zum Gegenstand ihrer Werke. In der Ausstellung spiegeln die unterschiedlichen Techniken und Materialien auch die Vielfalt europäischer Kultur. Angelegte als „mail-art“-Projekt, wurden die Bilder von den Künstlern in eigens zum Thema und für die Ausstellung gestalteten Briefumschlägen verschickt, die hier ebenfalls zu sehen sind. Nadine Adams (B) Peter Augenbroe (D) Michal Bajsarovicz (PL) Michaël Beauvent (B) Willi Filz (B) Bernd Keller (B) Stefanie Krings (B) Eric Legrain (B) Winny Tewes (D) Rostyslav Voronko (UA) Hans-Georg Wagner (D) Die Ausstellung ist Teil eines größer angelegten Projekts der wArtehalle Welchenhausen zum Thema Europa und Grenzen in Europa, das 2015 mit der Errichtung von Thomas Rothers Grenzrosen-„Denk“-mälern an der Welchenhausener Grenzbrücke begann und nach Eröffnung dieser Osterausstellung am Wochenende nach Pfingsten mit einem Symposium zum Thema Dreiländereck in Europa mit einer begleitenden Kunstausstellung im belgischen Burg Reuland fortgesetzt wird. Die hier gezeigten Bilder stehen für politische, religiöse und kulturelle Vielfalt in einem freien und vereinten Europa. Sie richten sich gegen Borniertheit, politische wie kulturelle Rückwärtsgewandtheit und religiöse wie politische Intoleranz: Der Museumsverein wArtehalle Welchenhausen widmet diese Ausstellung den Opfern der Anschläge in Brüssel am 22. März 2016.