ge/be lebte Grenze
Kurzfilm, Malerei, Radierung
von Mimi van Bindsbergen
Diepert! Einsam inmitten von Wäldern liegt ein Haus. Eine kleine Straße führt
daran vorbei. „Zum Jägerhaus“, die alte Leuchtreklame weist ein Wirtshaus
aus. Ein ehemaliges Wirtshaus. Innen ist alles wie früher: Der Schankraum,
der Tresen, etwas angestaubt, wie in einen Dornröschen-Schlaf gefallen.
Über viele Jahrzehnte war dieser Ort beliebt, hier tobte das Leben. Viele,
heute ältere, Menschen schwelgen in Erinnerungen, wenn sie „Diepert“
hören. „Zum Jägerhaus“, damals ein Treffpunkt, ein Treffpunkt von Belgiern
und Deutschen. Man sprach dieselbe Sprache, aber durch das Haus, später
neben dem Haus, verlief die Grenze. Heute weist nur ein Straßenschild auf
diese Staatsgrenze hin. Sie ist kaum sichtbar, kaum beachtet und praktisch
unbewacht.
Nur das andere Design der Straßenpfosten gibt einen Hinweis.
Das Wirtshaus ist verwaist, hier wohnen noch Peter Schröder und sein Bruder.
Seit Generationen lebt die Familie hier, mal als Preußen, mal als
Deutsche dann im geteilten Haus und endgültig als Belgier.
Das Jägerhaus in Diepert ist eine kleine Welt und war doch betroffen von der
„großen“ Politik. Die wollte Ordnung, also wurde die Grenze verlegt. Darüber
bestimmt haben 1926 aber die „Kleinen“, die Schröders. Im Film erzählt
Peter Schröder Mimi van Bindsbergen vom Leben in Diepert, vom Wirtshaus
und von der Grenze.
Das „Jägerhaus“ in Diepert hat Mimi van Bindsbergen in Radierungen festgehalten.
Von den weitläufigen Wäldern, die Diepert umschließen, deutscher Wald, belgischer
Wald – Wald eben – davon hat sie eigene künstlerische Vorstellungen. Sie malt
Baumstämme, undurchdringlich ineinandergreifend, Wurzelwerk, Urwald. Durch
kraftvolle Farben entlockt sie dem dunklen Wald eine geheimnisvolle Stimmung.
Den Deutschen sagt man eine innige, fast mystische Beziehung zum Wald nach, hier
aber malt eine niederländische Künstlerin. Zog es sie deshalb in die Eifel?
In der Ausstellung umringen die Waldimpressionen die Radierungen
vom „Jägerhaus“, so wie der Wald Diepert umschließt.
In weiteren Wald-Gemälden nähert sich Mimi van Bindsbergen künstlerisch einer
Tatsache, die wir mit unseren Sinnen nicht wahrnehmen und auch nicht fühlen können:
Dem Werden und Vergehen. Die Natur lebt davon, es ist eine tiefere, eine unsichtbare
Realität. Die Natur ist vielschichtig. Nur durch Phantasie können wir uns ihrer Magie
nähern, obwohl wir doch selbst Natur sind.
In Mimi van Bindsbergens Bildern erscheint das Vergehende, das Vergangene weiß.
Für unsere Augen ist dort nichts mehr sichtbar, und doch beeinflusst das
Verschwundene weiterhin die Formen und Strukturen des Werdenden und des Gewordenen.